Mittellandroute D4 – Endgültiger Aufbruch ins neue Zeitalter

Wir schauen zurück ins Jahr 2002: Die Bundesrepublik verabschiedet den 1. Nationalen Radverkehrsplan (NRVP), um das Fahrradfahren in Deutschland zu fördern und um (wieder) mehr Menschen auf 2 Räder zu bringen. Das ganze Paket enthielt u.a. 12 neuartige Radfernwege, die D-Routen, welche langfristig ausgebaut und gepflegt werden sollten. Entlang bereits etablierter Radwege wie an Rhein, Elbe oder Weser führen seitdem die Routen vorbei an malerischen Landschaften sowie historischen Städten. Vordergründig sollten aber auch weniger erschlossene Gebiete mit integriert werden. Dementsprechend im unzureichenden Zustand waren Radwege, welche abseits von Tourismusmagneten lagen. Anderorts waren sie schlichtweg noch gar nicht vorhanden oder ausgeschildert.

Um Deutschland langfristig als das führende Fahrradland in Europa zu etablieren folgte 2012 die Verlängerung des NRVP. Damit wurden, wie zuvor auch schon, Grundlagen für zahlreiche Ziele definiert. So sollte das Fahrradprojekt insbesondere für Klimafreundlichkeit stehen, mehr Menschen aufs Zweirad bringen, für Sicherheit im Straßenverkehr sorgen und sich vor allem gesundheitsfördernd auf die Menschen auswirken. Aber auch der nationale und internationale Bike Tourismus sollte grundlegend ausgebaut werden. Das Ankurbeln der inländischen Fahrradindustrie soll Arbeitsplätze sichern und neue Antriebsmöglichkeiten hervorbringen, um noch mehr Menschen für das Biken zu motivieren. Fortan war es dank E-Antrieben und neuer Bike Kategorien möglich das Land z.B. mit dem E-Mountain- oder Gravelbike und Bikepacking zu bereisen. Durch den gestiegenen Fitnesslevel im Breitensport wird zudem eine Radreise für immer mehr Menschen möglich.

Logo der Mittellandroute D4

Unter den bereits erwähnten Radwegen befindet sich die außergewöhnliche D4-Route. Die sogenannte Mittellandroute trennt dabei Deutschland in 2 Hälften und verläuft geradlinig zwischen den Himmelsrichtungen Ost und West. Dabei verbindet sie von A bis Z die beiden Städte Aachen und Zittau. Da die genaue Streckenführung, u.a. in Ostthüringen und Westsachsen noch nicht vollständig definiert ist und sich der Verlauf z.B. durch Freigaben neuer Radwege wie die Wetterprognosen im Erzgebirge ständig ändert, variiert auch die Routenlänge. Sie kommt dennoch über die markante 1000 km Grenze und anspruchsvollen Höhenmetern, vergleichbar mit der Besteigung des Mount Everests. Anders als bei reinen Flussradwegen, welche sich geografisch stets in Nord-Richtung zur Meeresmündung orientieren, überquert die D4 sämtliche mitteldeutschen Flüsse und führt an allen Mittelgebirgen vorbei. Dadurch werden vergleichsweise höhere Anforderungen an die Sportler gestellt.

Wie wir bereits anklingen lassen haben, wird am genauen Routenverlauf seit Jahren gebastelt. Das ist auch gut so, denn mit Einführung der D-Routen wurde lediglich die grobe Richtung vorgegeben und – mit stattlichen Förderungen versehen – die Verantwortlichkeiten in die Länder und Kommunen abgegeben. Die Anforderungen, welche an das Wegenetz gestellt werden, sind entsprechend hoch. So müssen die Oberflächen befestigt und am besten asphaltiert sein, um für alle Bike Typen geeignet zu sein und um möglichst jeden Fahrenden anzusprechen. Zudem sollten möglichst viele, als reine Fahrradwege ausgewiesene Streckenabschnitte verwendet werden. Doch warum hat man das Gefühl, dass gerade im Hometownland der Ausbau der D4 sowie die Verwirklichung weiterer Projekte sehr holprig verläuft?!

Verlauf der Mittellandroute D4 im Hometownland
1Ronneburg
2Crimmitschau
3Meerane
4Glauchau
5Hohenstein-Ernstthal

Dazu müssen wir uns kurz mit den Gegebenheiten Ostthüringens und Westsachsens befassen. Der westliche Bereich im Hometownland ist seit jeher sehr landwirtschaftlich geprägt. Hier fährt man von einem Dorf ins nächste und begegnet gerade am Wochenende nur selten motorisierten Fahrzeugen. So kommt es, dass die meisten „Radwege“ lediglich verzeichnete Dorfstraßen sind und sogar ohne Radstreifen auskommen. Die Geografie lässt sich am besten mit einer sanften Hügellandschaft beschreiben, welche eher geringe Anforderungen an Radfahrende stellt. Das Rad-Netz ist heute gut ausgebaut und es gibt verhältnismäßig wenig Bedarf an neuen Radwegen. Der sächsische Teil im Hometownland ist sehr industriell geprägt. Hier gelangt man nach Verlassen einer Kleinstadt direkt in die nächste. Industrien hatten sich im 19. Jahrhundert vor allem in der Nähe zu Flüssen und größeren Bächen angesiedelt, sodass die Verbindungen zwischen den Kleinstädten hauptsächlich im Flussverlauf gut ausgebaut wurden. Parallel ging der Ausbau der Eisenbahn einher, der diese Tendenz verstärkt hatte. Alternative Wege, um bspw. mit dem Fahrrad in die Städte benachbarter Täler vorzudringen, waren schlichtweg nicht vorhanden und hatten im Autoland Sachsen/Zwickau ebenso einen geringen Stellenwert. Aufgrund dieser städtischen Entwicklung und der geografischen Gegebenheiten gestaltet sich die Etablierung eines Rad-Netzes eher schwierig. Dies wird auch regelmäßig beim ADFC Fahrradklima-Index deutlich, bei dem die Region Crimmitschau/Glauchau/Hohenstein-Ernstthal schlechter als Note 4 abschneidet und im Deutschlandranking weit hinten landet.

Der Premiumradweg in Chemnitz/Rabenstein als Sinnbild für den Ausbau von Radwegen in der Region

Die Mittellandroute steht hierbei exemplarisch für die Umstrukturierung der Fahradlandschaft. Sie verläuft rund 65 km durch unsere Heimat von Ronneburg auf Thüringer Seite bis nach Hohenstein-Ernstthal (Ortsteil Wüstenbrand) in Sachsen. Sie verbindet die populären und gut ausgebauten Flussradwege an Pleiße und Zwickauer Mulde und stellt eine Magistrale zwischen vielen Dörfern und Kleinstädten dar. So werden im Verlauf ca. 130.000 Einwohner direkt angebunden und auf der Strecke effektiv rund 700 Höhenmeter überwunden. Durch den Verlauf auf der Höhe der BAB4 findet man vergleichsweise wenige einschneidende Täler vor. Somit werden die angebundenen Orte für jeden erreichbar, egal ob mit oder ohne elektrische Unterstützung. Bikepacker können schon jetzt gute Radwege erwarten, um entscheidend voran zukommen. Berufspendler finden verkehrsberuhigte und sichere Anbindungen vor, um ihren Arbeitsort zu erreichen. Wochenendfahrer entdecken optimal touristische Attraktionen oder die Nachbarstädte in Ihrer Nähe. Doch so gut das alles schon klingen mag, so viel Nachholbedarf im Ausbau der Strecken besteht gleichermaßen.

Immer häufiger ist in den jeweiligen Kommunen aktuell die Rede davon, dass neue Radwege ans „D-Netz“ angeschlossen werden. Teilweise sind neue Trassen noch in Planung, anderenfalls bereits schon im Bau oder aber gar schon freigegeben. In der Tabelle wollen wir uns hier die wichtigsten Abschnitte im Verlauf von West nach Ost näher anschauen.

VonNachLängeStatusÜbergabe
ThonhausenMannichswaldeca. 900 min Planungunklar
GoselWaldsachsenca. 750 mFreigabe2022
WaldsachsenMeeraneca. 2,4 kmFreigabe2020
Hohenstein-E.Wüstenbrandca. 1,6 kmin Planungunklar
WüstenbrandRabensteinca. 13,5 kmTeilfreigabe2023

Kommentar: „Darauf hat die Region Westsachsen und Ostthüringen gewartet. Nach Verabschiedung der 3. Konvention werden endlich Fortschritte im Ausbau von Radwegen sichtbar. Damit wird die Region zukünftig auch repräsentativ im D-Routen Netz vertreten sein. Wenn dieser Schwung mitgenommen werden kann, können wir sicher bald weiteren Radwegeröffnungen entgegenfiebern. Das Autoland Sachsen denkt endlich um und feilt kräftig am Image. Aufgrund der Nähe zueinander wird auch der Osten Thüringens davon profitieren. Das Hometownland wird zum Fahrradland.“

von Martin

Ride on!

hometowntrails®

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